Anwalt für Sozialrecht

Ich halte große Stücke auf den DCCV, er hat mir viele gute Informationen gegeben, meine Mitgliedschaft möchte ich nicht missen. Mein erster Kontakt war allerdings mehr als fragwürdig:

Die erste Beratung

In meiner ersten schlimmsten Phase meiner Erkrankung (2019) war ich in Elternzeit in einem befristeten Arbeitsverhältnis. Es war klar, dass mein Arbeitsverhältnis innerhalb der Elternzeit auslaufen würde. Entweder würde ich aus der Elternzeit Bewerbungen schreiben oder mich arbeitssuchend melden müsste. Beides war in meinem Zustand undenkbar, meine Colitis ulcerosa war zu heftig, um arbeiten zu können. Ich rief einen der ehrenamtlich für den DCCV arbeitenden Anwälte für Sozialrecht an, damit er mir erklärt, was ich wann und wie am besten in meiner Situation tun solle. Sein Rat war, ich solle mich arbeitssuchend melden.
„Aber ich bin nicht arbeitsfähig, ich kann keine neue Arbeit anfangen.“ erwiderte ich.
„Das ist nicht so schlimm. Sie können sich arbeitssuchend melden und Bewerbungen schreiben, und wenn Sie ein Vorstellungsgespräch haben sollten, melden Sie sich krank.“ erklärte er mir.
„Das ist doch Betrug. Faktisch stehe ich dem Arbeitsmarkt ja nicht zur Verfügung.“ widerspach ich ihm. Nach einigen Minuten beendete ich das Gespräch. Ein Anwalt rät mir zum Betrug. Ich war fassungslos.

Warum brauche ich einen Anwalt?

Ich suchte mir über Bekannte einen Anwalt für Sozialrecht in meiner Nähe. Er sollte mir erklären, welche Möglichkeiten ich habe, von Arbeitslosigkeit, Sozialhilfe, Behindertengrad, Erwerbsminderungsrente und private Berufsunfähigkeitsversicherung. Ich hatte Sorge, dass ich mit Lücken oder zeitweiliger Rente als Punkt in meinem Lebenslauf nicht mehr vermittelbar sei. Ich hatte ganz einfach Zukunftsängste.

Termin beim Anwalt

Es war ein Desaster. Er hat nicht verstanden, was ich von ihm wollte. Ich versuchte in mehreren Anläufen, ihm zu erklären, welche Informationen ich von ihm haben wollte. Was muss ich beachten, was hat welche Folgen, gibt es Bausteine, die aufeinander aufbauen, oder die sich ausschließen.
Der Anwalt ratterte sein Wissen über Sozialrecht herunter, ohne auf mich einzugehen. Alle Informationen, die er mir gab, kannte ich schon. „Es gibt den Grad der Behinderung. Je nach Symptomatik werden Sie eingestuft und erhalten Vorteile.“ Colitis ulcerosa-Basiswissen, dafür muss ich nicht Anwalt sein. Nach seinem Vortrag fragte er mich, ob ich nicht einfach über meinem Mann krankenversichert sein könne. Mein Mann sei privat versichert, daher gäbe es keine Familienversicherung. Daraufhin meinte der Anwalt (nicht wörtlich): Es wäre doch nicht schlimm, wenn mein Mann mich privat mitversichern müsse, das könnten wir uns leisten. Es gäbe Fälle, die seien viel schlimmer dran als ich, denn die hätten keinen Partner mit gutem Job. Die würden in Harzt IV enden und hätten richtig Existenzängste. Und außerdem könne es mir ja nicht so schlecht gehen,wenn ich es schaffen würde, hier bei ihm in der Kanzlei zu sitzen.
Was für eine verbale Ohrfeige! Ich war völlig vor den Kopf gestoßen. Ich sagte, dass ich dieses Gespräch nun abbrechen würde. Dass mein Gehirn diesen Satz in einer solchen Stresssituation bilden konnte, ist für mich heute noch ein Wunder. Ich war so wütend, dass er sich anmaßte, mir zu sagen, was ich verdient hätte und was nicht, und der meinen Gesundheitszustand in Frage stellte. Es war eine Frechheit. Der Anwalt ging hinter mir her, um mich zur Tür zu bringen (es war ein langer Weg, wenn man Tränen zurückhalten will). Ich ging, ohne mich zu verabschieden. Ich habe es nicht mal bis zum Auto geschafft, da liefen die Tränen schon über mein Gesicht: vor Wut, vor Traurigkeit und Verzweiflung.

Die positive Seite

Es gibt kein gutes Ende zu diesem Beitrag, aber noch eine kleine Anekdote zum Schmunzeln: Einige Tage später schrieb ich eine Feedbackemail, in der ich möglichst sachlich schrieb, wie ich das Gespräch empfand, nämlich, dass er mir meine gewünschten Informationen nicht gab (Aufzählung: a, b, c…), dass er mir sein Wissen vortrug, das ich schon kannte, wie ihm bei meiner Einleitung hätte auffallen müssen (Gegenüberstellung: a, b, c…) und dass er als Anwalt nicht entscheiden dürfe, was mir zustünde, wie krank ich sei oder mich persönlich anzugreifen. Auf diese Email kam keine Antwort aber auch keine Rechnung über sein Beratungshonorar von 150€. 😊

Veröffentlicht am
Kategorisiert in Bürokratie

Von Verena

Mein Name ist Verena- Ich möchte meine Erlebnisse mit CU teilen und gleichzeitig Mut machen.

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